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Diskussion: Lichtwaldarten als Teil der regionalen Biodiversitätsstrategie

Diskussion: Lichtwaldarten als Teil der regionalen Biodiversitätsstrategie

In der Broschüre Regionale Biodiversitätsstrategie (Hrsg. SaarForst Landesbetrieb, Text Roland Wirtz) wird für den Teilbereich Subatlantische Buchenwälder im Kapitel 6 auf Lichtwaldarten eingegangen. Wir wollen die im Einzelnen vorgeschlagenen Maßnahmen diskutieren und im Hinblick auf unsere Lichtwaldarten konkretisieren.

Der Weg runter zur Sandgrube in Merlebach - die Hochspannungstrasse wurde kürzlich wieder freigestellt

Bild: Der Weg runter zur Sandgrube in Merlebach - die Hochspannungstrasse wurde kürzlich wieder freigestellt. Eine taugliche Maßnahme - jedoch kommen solche Maßnahmen oft zu spät oder zum falschen Zeitpunkt. Eine Koordination solcher Maßnahmen wäre sehr wünschenswert und erfolgversprechend.

Hier der Auszug aus dem Dokument:

6. Lichtwaldarten

Infolge des Einflusses großer Pflanzenfresser in den Urwäldern, der daran zeitlich anschließenden intensiven und ungeregelten Waldnutzung (Holznutzung, Vieheintrieb, Streunutzung...) und der darauf folgenden Altersklassenwirtschaft entwickelten sich in den Wäldern auf warme, lichte Bestandespartien angewiesene Artengemeinschaften, die so genannten „Lichtwaldarten".

Die naturnahe Waldwirtschaft und die Rückbesinnung auf die Verantwortung für die komplexen Buchenwaldökosysteme stellt für diese Artengemeinschaft ein Problem dar:

Die naturnah bewirtschafteten Wälder werden buchengeprägter und damit dunkler und kühler; Große wildlebende Pflanzenfresser und die Waldweide durch Haustiere existieren nicht mehr, der Schlagweise Hochwald ist durch die Einzelbaumwirtschaft abgelöst.

Eine auf Betriebssicherheit ausgerichtete Waldwirtschaft versucht Kalamitäten durch Baumartenwahl, Bewirtschaftungsmodelle und direkte Maßnahmen wie bspw. Brandbekämpfung zu minimieren. Die derzeitigen Jagdmodelle in Kombination mit einem hohen Bevölkerungsdruck auf den Wald und einer durch Verkehrswege und Siedlung zerschnittenen Landschaft lassen dem Rotwild als letztem verbliebenen Großherbivor kaum mehr Möglichkeit zu ursprünglichem Äsungs- und Wanderverhalten. Massive Stickstoffeinträge aus der Atmosphäre führen in den durch Käferfraß, Windwurf oder Holznutzung entstehenden Lichtungen und entlang der Wege rasch zu einer Verdrängung der für Imago und Larve wichtigen Blütenpflanzen durch eine üppige, beschattende nitrophile Flora (v.a. Brennnessel und Brombeere) und eingeschleppte Arten (Kanadische Goldrute, Herkulesstaude,...).

Auf den Lichtungen entwickeln sich als Folge der versauerungsbedingten Nährstoffverluste oftmals artenärmere Pflanzengesellschaften, die meist durch Oberbodenversauerung anzeigende Gräser dominiert werden.

Die Finanznot der Waldbesitzer verschärft die Situation: Die Wege als die letzen Ersatzlebensräume und Wanderkorridore werden nur noch eingeschränkt offen gehalten (Lichtraumprofil und Bankette wachsen zu; Bankette werden seltener abgeschoben, die extensiven Bankett-Lebensräume gehen verloren). Alle diese Faktoren tragen dazu bei, dass Arten der Lichtwaldartengemeinschaft auf den Roten-Listen zu finden sind.

Zielsetzung:

Oberstes Ziel aller Überlegungen ist die Sicherung der Biodiversität unserer subatlantischen Buchenwälder durch eine ökologisch und ökonomisch nachhaltige Waldwirtschaft. Die Artengemeinschaft der Lichtwaldarten kann daher nicht durch eine Rückkehr zur Altersklassenwirtschaft oder eine großflächige Inszenierung historischer Wirtschaftsformen gesichert werden. Dies würde allen Gedanken zur Sicherung von Habitatkonstanz und Integration von Alterungs- und Zusammenbruchphasen zuwider laufen. Eine umfassende Biodiversitätsstrategie, die das gesamte Ökosystem der subatlantischen Buchenwälder betrachtet, muss vielmehr darauf abzielen, im Wirtschaftswald analog den Lichtungen des Buchen-Urwaldes vernetzte Ersatzlebensräume für Lichtwaldarten zu schaffen, die in den naturnah bewirtschafteten Buchenwald eingebettet sind.

Umsetzung:

6.1. Mögliche Flächen für die Entwicklung von Ersatzlebensräumen

Der naturnah bewirtschaftete Buchenwald mit seiner für die Waldbewirtschaftung notwendigen Infrastruktur, durch ihn führende Versorgungsleitungen und Abbau- und Aufschüttungsflächen bietet zahlreiche Möglichkeiten ein Netz von Ersatzlebensräumen zu gestalten, um die Lichtungen des Buchen-Urwaldes zu imitieren. Zu nennen sind hier in erster Linie die Jagdflächen, Waldwiesen, Versorgungstrassen, Wege, Abbau- und Aufschüttungsflächen und die Historische Bewirtschaftungsformen.

6.2. Maßnahmen zur Gestaltung der Flächen als Ersatzlebensräume

a. Jagdflächen

Durch eine gezielte Ausformung von Jagdschneisen und Wildwiesen können flächendeckend Ersatzlebensräume für Lichtwaldarten geschaffen werden. Über Wege, Versorgungstrassen und Waldwiesen können diese Jagdflächen zu einem Netz von Lichtungsinseln verbunden werden. Die Jagdflächen werden im Idealfall ähnlich wie die Lichtungen des Naturwaldes vom Wild als eine Art „Verbissgarten" offen gehalten.: Die natürliche Gras- und Krautvegetation sollte hier mit verschieden hohen Bäumchen und Sträuchern, welche entweder vom Wild (oder vom Menschen) auf einem niedrigen Niveau gehalten werden, wechseln. Auf die flächige Ausgestaltung als Wildäcker und die Ausbringung stickstoffsammelnder Pflanzen sollte verzichtet werden. Ein buchtenförmiger Übergang (Grenzlinieneffekt) in den angrenzenden Wald und eine Einbindung von Solitären erhöht die Eignung als Ersatzlebensraum.

b. Waldwiesen

Neben den jagdlichen Lichtungen stellen sie am ehesten die Biotoptypen dar, welche auch in den Naturwäldern als Folge des Einflusses der großen Pflanzenfresser vorhanden waren. Ihre Eignung ist stark abhängig von der Art ihrer Bewirtschaftung. Im Idealfall sollten die Flächen nur einschürig gemäht und das Mähgut von der Fläche entfernt werden, um über den Biomasseentzug die Fläche nährstoffärmer (= weniger nitrophile Flora) und damit artenreicher zu gestalten. Auf das Ausbringen von Stickstoffdüngern sollte gänzlich verzichtet werden. Mindestens 25% der Fläche sollten immer als Rückzugsraum für Lichtwaldarten, v.a. für Insekten (Erhalt von Futterpflanzen, Überwinterung als Eier oder Larve) als einjährige Brache erhalten bleiben. Der Übergang in den Wald sollte immer buchtenförmig über einen Waldaußenrand erfolgen, um den Grenzlinieneffekt zu erhöhen.

c. Versorgungstrassen

Versorgungstrassen bieten als größere Lichtungen ebenfalls hervorragende Möglichkeiten Ersatzlebensräume für Lichtwaldarten zu gestalten. Ähnlich wie bei den Jagdflächen und den Waldwiesen ist ihre Eignung von der Art ihrer Bewirtschaftung abhängig: In der Regel erfolgt die Pflege maschinell; Im Idealfall sollte die Pflege der Trasse daher nur gestaffelt erfolgen, um immer ausreichend Rückzugsmöglichkeiten in nicht gepflegten Feldern zu erhalten. Es sollte analog den Waldwiesen möglichst ein Biomasse-Entzug erfolgen. Bei breiten Trassen sollte in Querrichtung immer wieder ein Gehölzriegel verbleiben, um die Windwirkung abzuschwächen und kleinere Lichtungsblöcke zu imitieren.

d. Wege

Wege sind entscheidende Korridore um die verschiedenen Lichtungen (temporäre wie z.B. Käferflächen und dauerhafte wie z.B. Jagdflächen) miteinander zu vernetzen. Für das Ökosystem Buchenwald und einige in ihm lebenden Waldarten können sie allerdings eine massive Störung darstellen: Sie zerschneiden das kühl-feuchte Waldinnenklima und stellen je nach Ausformung Wanderbarrieren dar. Ihre Gestaltung zum Ersatzlebensraum stellt daher immer einen Spagat dar zwischen der Förderung der Lichtwaldarten und dem Schutz der Buchenwaldarten. Von Altbäumen überschirmte Wege sollten nicht geöffnet werden. Diese Überschirmungsbereiche stellen die Wanderkorridore für Buchenwaldarten dar. Die Ausformung von Ersatzlebensräumen für Lichtwaldarten entlang der Wege beschränkt sich in erster Linie auf die Wege säumende Kahlflächen und jüngere Waldbestände. Die Eignung der Wege als Ersatzlebensraum steigt mit der Dauer der Sonneneinstrahlung (ideal im Sommer ca. 8 Std. Sonneneinstrahlung aus Südost bis Südwest) und der Möglichkeit blütenreicher Säume (Imago- und Larvenbiotop) auszubilden. Für die Gestaltung der Wege als Ersatzlebensraum bieten sich verschiedene, kombinierbare Varianten an. Es kann ein lichter Waldinnenrand in einer Tiefe von einer Baumlänge aufgebaut werden, der nicht aus der typischen Abfolge des Waldaußenrandes besteht, sondern aus zu Solitären ausgeformten Licht- und Halbschattbaumarten, welche eine temporäre Besonnung des Waldbodens ermöglichen: Es wird der Effekt des Mittelwaldes imitiert. In diesen Waldinnenrand können „Baumpersönlichkeiten" (z.B. alte Grenzzeichen) eingebunden werden, an Wegekreuzungen können Baumgruppen oder Solitäre ausgeformt und zu Lichtungen erweitert werden. Größere Holzlagerplätze ergänzen das System der Lichtungsinseln. Das Mähen, Mulchen oder Abschieben der Wegebankette im Zuge der Wegeunterhaltung führt zu blütenreichen Hochstaudenfluren.

e. Abbau- und Aufschüttungsflächen, Bauflächen

Diese Standorte zeichnen sich in der Regel durch Rohbodenverhältnisse und daran gekoppelt Wasserarmut aus. Hier sind oftmals blütenreiche Vegetationstypen zu finden, welche als Ersatzlebensräume für die Lichtwaldarten ausgeformt und erhalten werden können.

f. Historische Bewirtschaftungsformen

Im Zuge des aktuellen Brennholzbooms und der wieder interessanten, landwirtschaftlichen Nutzung von Waldwiesen sollten historische Bewirtschaftungsformen reaktiviert werden. In erster Linie sind hier die Mittelwälder und Hutewälder zu nennen, weil in ihnen auch wichtige Habitate für die Arten der Alt- und Totholzbiozönosen geschaffen werden können. Wo Mittelwälder noch als solche erkenntlich sind und eine Bewirtschaftung möglich ist, können diese reaktiviert und dauerhaft genutzt werden. Es ist auch zu prüfen, ob sich im Einzelfall Möglichkeiten bieten, landwirtschaftliche Weideflächen in den Wald auszudehnen, um so die alte Form des Hutewaldes nach zuahmen.

In der Gruppe Lichtwald besteht die Möglichkeit, die einzelnen Maßnahmen zu diskutieren. Es sei hier insbesondere auch auf die auf dieser Seite schon publizierten Beiträge hingewiesen:

Bestandsmonitoring Limenitis camilla

Bestandserfassung Satyrium ilicis

Bestandserfassung Boloria euphrosyne

Lichte, offene Wälder - Artenschutzfachliche Anforderungen an Beispielen hochgradig gefährdeter Tagfalter

Biber kehrt zurück an die Rossel
Choucroute royal!
 

Comments

Ronny Strätling (website) on Sonntag, 03. Februar 2013 10:48

Ad. a. Jagdflächen "Auf die flächige Ausgestaltung als Wildäcker und die Ausbringung stickstoffsammelnder Pflanzen sollte verzichtet werden." Hier stört nur das Wort "sollte". Welchen Grund gibt es hier, ein striktes Verbot auszusprechen? Tatsächlich habe ich schon dokumentieren können, dass zusätzlich gedüngt wurde! Die akute Gefährdung unserer Lichtwaldarten - darunter einige in den FFH-Anhängen, lässt solcherlei "weiche Empfehlungen" als nicht akzeptabel erscheinen!

Ad. a. Jagdflächen "[i]Auf die flächige Ausgestaltung als Wildäcker und die Ausbringung stickstoffsammelnder Pflanzen sollte verzichtet werden.[/i]" Hier stört nur das Wort "sollte". Welchen Grund gibt es hier, ein striktes Verbot auszusprechen? Tatsächlich habe ich schon dokumentieren können, dass zusätzlich gedüngt wurde! Die akute Gefährdung unserer Lichtwaldarten - darunter einige in den FFH-Anhängen, lässt solcherlei "weiche Empfehlungen" als nicht akzeptabel erscheinen!
Ronny Strätling (website) on Sonntag, 03. Februar 2013 11:00

Ad. d. Wege "Für das Ökosystem Buchenwald und einige in ihm lebenden Waldarten können sie allerdings eine massive Störung darstellen: Sie zerschneiden das kühl-feuchte Waldinnenklima und stellen je nach Ausformung Wanderbarrieren dar. Ihre Gestaltung zum Ersatzlebensraum stellt daher immer einen Spagat dar zwischen der Förderung der Lichtwaldarten und dem Schutz der Buchenwaldarten. Von Altbäumen überschirmte Wege sollten nicht geöffnet werden. Diese Überschirmungsbereiche stellen die Wanderkorridore für Buchenwaldarten dar."
Hier sei allerdings die Frage angebracht, in welchem der beiden konfliktären Lebensraumtypen derzeit die Vernetzung schwach ist und in welchem tatsächlich von einer Verinselung gesprochen werden kann. Als Erblast aus dem Übergang von der Bewirtschaftung von Altersklassenforsten haben wir als Ergebnis sehr dunkle Wälder - von einem ausgeprägten Strukturreichtum können wir heute leider noch nicht reden. Es sind gerade die Lichtwaldarten, die unter extremem Aussterbedruck stehen! Die Vernetzung der feucht-kühlen und dunklen Waldlebensräume ist wie beispielsweise die Verbreitung und Abundanz von Limenitis camilla im Warndt zeigt, derzeit hervorragend - echte Lichtwaldarten hingegen sind allesamt höchst gefährdet und ihre Lebensräume stellen in der Mehrzahl bereits jetzt Inseln dar - vgl. hierzu das letzte Vorkommen von Boloria euphrosyne im Warndt.

Ad. d. Wege "[i]Für das Ökosystem Buchenwald und einige in ihm lebenden Waldarten können sie allerdings eine massive Störung darstellen: Sie zerschneiden das kühl-feuchte Waldinnenklima und stellen je nach Ausformung Wanderbarrieren dar. Ihre Gestaltung zum Ersatzlebensraum stellt daher immer einen Spagat dar zwischen der Förderung der Lichtwaldarten und dem Schutz der Buchenwaldarten. Von Altbäumen überschirmte Wege sollten nicht geöffnet werden. Diese Überschirmungsbereiche stellen die Wanderkorridore für Buchenwaldarten dar.[/i]" Hier sei allerdings die Frage angebracht, in welchem der beiden konfliktären Lebensraumtypen derzeit die Vernetzung schwach ist und in welchem tatsächlich von einer Verinselung gesprochen werden kann. Als Erblast aus dem Übergang von der Bewirtschaftung von Altersklassenforsten haben wir als Ergebnis sehr dunkle Wälder - von einem ausgeprägten Strukturreichtum können wir heute leider noch nicht reden. Es sind gerade die Lichtwaldarten, die unter extremem Aussterbedruck stehen! Die Vernetzung der feucht-kühlen und dunklen Waldlebensräume ist wie beispielsweise die Verbreitung und Abundanz von Limenitis camilla im Warndt zeigt, derzeit hervorragend - echte Lichtwaldarten hingegen sind allesamt höchst gefährdet und ihre Lebensräume stellen in der Mehrzahl bereits jetzt Inseln dar - vgl. hierzu das letzte Vorkommen von Boloria euphrosyne im Warndt.
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