By Ronny Strätling on Sonntag, 13. August 2017
Category: Artenschutz

Offener Brief an den NABU Saarland

Immer wieder stolpere ich über unausgewogene Berichte aus den Naturschutzverbänden, wie den folgenden. Hier werden ohne viel Nachdenken und Recherche Dinge ungespitzt und mit harschen Formulierungen in die Massenmedien gedroschen. Ich frage mich: Wem nutzt dieses Gepolter? Dass man sich mit der komplexen Thematik dynamischer Prozesse und deren Notwendigkeit für das Überleben ganzer Organismengruppen kritisch auseinandersetzt, wird vermutlich ein unerfüllter Wunsch bleiben. 

Ulrich Leyhe publizierte auf NABU Saarlouis/Dillingen folgenden Text: 

Der dem Umweltministerium unterstehende Saarforst Landesbetrieb scheint von allen guten Geistern verlassen. Der hemmungslose Eingriff in den Saarwellinger Forst ist praktizierter Waldfrevel

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Unsere NABU Mitglieder und Informanten sind wie sich aktuell wieder zeigt, gut vernetzt und das ist auch dringend nötig. Nicht nur für den Windkraftausbau opfert der Saarforst skrupellos den Staatswald. Für bare Münze schreckt man in Saarbrücken vor nichts mehr zurück und kein Baum ist mehr heilig. Aktuell fällt ein besonders negatives Schlaglicht auf das Naherholungsgebiet um die Hauser Mühle zwischen Saarwellingen und Schwarzenholz, wo großflächig und rücksichtslos Wegebau-Maßnahmen durchgeführt wurden und wo man massiv Erschließungsstraßen samt Entwässerungsgräben bis zu einer Breite von 5 Metern in den Wald schob und in die Böschung trieb. In der Sprache des Saarforstes nennt sich so was schlicht und einfach " Revier 05 SFL" (für Saarforst Landesbetrieb). Aber es kommt noch dicker. Denn statt das man diese Zerstörungen in die Ruhephase der Vegetation legte, führte man sie bedenkenlos im Juni 2017 durch und schlug die einen Hektar große Bresche mitten in der Brutzeit. Dieser Monat ist für die gesamte Tier- und Pflanzenwelt unserer Heimat von besonderer Bedeutung. Im Juni kommen viele Jungtiere zur Welt und die Vegetation explodiert. Aber der für seine "ökologische Behutsamkeit" obendrein noch zertifizierte Saarforst ist sogar noch steigerungsfähig. Man verteilte nämlich die Massen des Wegeausbaus rigoros über den gewachsenen Waldboden. Ameisen, Käfer, Blindschleichen, Eidechsen kurz gesagt, alles was den Waldboden besiedelt, wurde unter einer dicken Erdschicht abgetötet. Brombeerhecken, Himbeeren, Farne, Stauden, Naturverjüngung im Altersklassenwald etc. spielen für den Saarforst keine Rolle. Aber die Maßnahme zeugt leider auch vom fehlendem Sachverstand der Verantwortlichen. Man schreckte nämlich noch nicht einmal davor zurück wichtige, den Wald prägende Randbäume zu fällen und öffnete das geschlossene Kronendach, in dem man es Aufriss und damit den Restwald besonders anfällig gegen Sturmschäden macht und zudem gesundes Wurzelwerk untergrub. All das nimmt der Saarforst billigend in Kauf, damit kurzsichtig betrachtet die Kasse stimmt. Hier fand ein eklatanter Verstoß gegen das Rodungsverbot innerhalb der gesetzlichen Brut-und Aufzuchtzeiten statt und zusätzlich ein Vergehen gegen die Vorgaben zum Schutz des belebten Oberbodens. Wir haben es aufgegeben die Frage nach den Verantwortlichen zu stellen. Denn hier verstößt der Saarforst katastrophal gegen Regelungen, die er sich selbst auferlegt hat. Und dies hat mit ordnungsgemäßer Forstwirtschaft oder erst recht einer "naturgemäßen ökologischen Waldwirtschaft" nichts mehr zu tun. Der Saarforst wäre gut beraten seine diesbezüglichen Auszeichnungen schnell wieder zurück zu geben, denn er hat sie sich leider nicht verdient.
Fotos: NABU Saarlouis/Dillingen
gefällte Randbäume mit Kennzeichnung, "moderner" Waldbau und keine neue Bundesstraße sowie erhebliche Randzerstörungen.  

Quelle: https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=1445727588815858&id=609993279055964 

nach NABU Saarlouis/Dillingen

Der dem Umweltministerium unterstehende... - NABU Saarlouis/Dillingen | Facebook

Erste kritische Anmerkung zum Text

Am 13. August hatte ich eine erste Anmerkung zum Text auf Facebook gepostet. Der Text kann nachfolgend gelesen werden: 

Liebe NABU Saarlouis/Dillingen. Ich bin einigermaßen entsetzt über diesen Bericht und darf dem Saarforst hier auch aus Naturschutzsicht ein wenig zur Seite springen. Jeder, der sich eingehender mit der Biodiversitätsstrategie des SFL beschäftigt, wird in den dargestellten Bildern noch kein Fehlverhalten feststellen - teils sogar im Gegenteil. Das will ich auch erklären. Vorab schon mal: Ich arbeite nicht im Forst, beschäftige mich aus Naturschutz-Sicht heraus aber intensiver mit dem Thema. 

Es ist leider immer noch so, dass das Fällen eines Baumes in der Öffentlichkeit als der größte anzunehmende Frevel gilt, während das gleichzeitige Mähen im Offenland und allen Gärten (für die Biodiversität ein schreckliches Drama!) kaum negativ besetzt ist. 

Biodiversitätsstrategie im Buchenwald | Saarland.de

Schauen wir auf die Waldbewohner, so stellen wir fest, dass es nicht nur Bewohner der Bereiche mit geschlossenem Kronendach gibt, sondern sehr viele mehr, die auf die verschiedenen Sukzessionsstadien angewiesen sind (gerade auch die von Ihnen zitierten Arten!). Jene sind in der Evolution nicht vom Himmel gefallen und verdanken ihre Existenz der Koevolution mit großen Pflanzenfressern, welche für lichte Strukturen im Wald sorgten. Schauen wir auf die Gefährdungslage der verschiedenen Waldbewohner, so stellen wir weiter fest, dass gerade jene, die auf lichte Strukturen und verschiedene Sukzessionsstadien angewiesen sind, am allermeisten gefährdet sind. Der Silberfleck-Perlmuttfalter ist im Saarland 2014 ausgestorben und der Braune Eichenzipfelfalter wird ihm vermutlich bald folgen. Nachtschwalbe und Haselhuhn sind weitere Beispiele. 

Die Forstwirtschaft hat lange Zeit die Lebensräume der Lichtwaldarten imitiert, indem sie die Waldwirtschaft sehr intensiv und ausräuberisch betrieben hat. Diese Bewirtschaftung wurde von der sogenannten „naturnahen" Waldwirtschaft abgelöst, bei der Einzelbaumentnahme sowie das durchgehend geschlossene Kronendach charakteristisch sind. Zur erforderlichen Sukzession, kommt es nicht mehr in ausreichendem Maß, wenn verheerende Stürme oder Schädlingsbefall ausfallen bzw. durch menschliches Handeln gedämpft werden. In einem wirklichen Urwald mit ausreichender Größe gibt es genügend solcher dynamischen Prozesse, dass auch die Lichtwaldarten überleben können. Aber solch große Wälder gibt es bei uns leider schon lange nicht mehr. Die relevanten Großsäuger hat man ausgerottet und Waldweide wird kaum noch betrieben. Aus diesem Grund heraus hat der SFL in Zusammenarbeit mit den relevanten Stellen eine Biodiversitätsstrategie erarbeitet, die diese Aspekte berücksichtigt (Nachzulesen hier: https://www.saarland.de/223819.htm).

Auf den Bildern des Berichtes erkenne ich folgendes: Einen geöffneten Weg - hier werden sich in Kürze wertvolle Strukturen für Lichtwaldarten zeigen. Diese sind nicht von Dauer und es müssen solche oder ähnliche Stellen an immer wieder anderen Orten entstehen. Ein Veilchen, das hier über 6h Sonne abbekommt, wird so zum Larvalhabitat für verschiedene Waldschmetterlinge wie z.B. den Silberfleck-Perlmuttfalter. Junge Eichenschösslinge im Randbereich, die ebenfalls gut besonnt werden, dienen dem Braunen Eichenzipfelfalter als Wirtspflanze. Die Polter und Rohbodenbereiche und die geräumten Wegekreuze werden sich ebenfalls zu wertvollen Lebensräumen entwickeln. Wir reden hier von sogenannten Sonderstandorten, an denen Ersatzlebensräume für hochgradig gefährdete Waldarten geschaffen wurden. Diese Arten können nur hier und nicht im Offenland überleben. 

Bitte nehmt euch doch mehr Zeit für Recherche und berichtet weniger emotional - ich bin ein treuer Leser und Fan eurer Beiträge!  

Hier noch ein Auszug aus der Kommentar-Jauchegrube zu dem Beitrag auf Facebook. Das hat mich letztendlich dazu gebracht, diese Zeilen zu schreiben! Lesen und wirken lassen. Da ist Stand heute mindestens ein Beitrag dabei, den man löschen müsste ("aufhängen"). Ich hoffe zukünftig auf konstruktivere Beiträge, wenn es um Naturschutz geht. Und nicht zuletzt hoffe ich darauf, dass Wissen und Recherche sich auf Dauer gegen primitive Pöbeleien und Gepolter ohne Sachkenntnis im Netz durchsetzen werden. 

Letzte bissige Anmerkung zum Schluss: Die Profilbilder und Namen habe ich rot übermalt, da ich nicht möchte, dass solche Dinge mit Namen im Internet dauerhaft ausgestellt werden. Aber ich darf euch verraten, dass mehr als die Hälfte der Profilbilder nicht die Person selbst zeigen, sondern ihren Vierbeiner. Zufall? Ich fürchte, nein. Die Eutrophierung der Waldwegränder durch Hundekot und die daraus entstehende artenarme Vegetation wäre eine eigene Abhandlung wert. Man könnte an einigen extremen Stellen gar eine ganz eigene Pflanzengesellschaft, die sogenannte "Frolikgesellschaft" beschreiben.  

Stellungnahme des Saarforst Landesbetriebes

Hallo Herr Strätling,

hier wird eine Wegesanierungsmaßnahme zum Super-GAU stilisiert. Solche Wegesanierungen sehen unmittelbar nach Umsetzung meist nicht besonders ästhetisch aus, sind aber aus naturschutzfachl. Sicht unproblematisch, weil sich alles im Bereich der Wegetrasse abspielt, die durch den Weg eh bereits gestört ist (Wasserhaushalt, Bodenauf- und abtrag,…). Meist ist nach 1-2 Vegetationsperioden der unästhetische Eindruck wieder verschwunden.

Ich finde es schade, dass sich bestimmte Personen aus der ehrenamtlichen Naturschutzszene mit Vergnügen auf jeden noch so unbedeutenden, aber vermeintlichen Naturfrevel stürzen und diesen versuchen als „Ende des Naturschutzes bei SFL" aufzublähen.

Wir arbeiten mit vielen ehrenamtl. Naturschutzfachleuten konstruktiv zusammen; ob das Ihr Input zum Thema Lichtwaldarten / Falter im Warndt ist, das Input von Gabi Stein zum Thema Amphibien oder Sandra Kraus zu den Ameisen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Wir sind immer froh, wenn externes Fachwissen zugespielt wird, das wir in unser „Waldmanagement" einbauen können.

Bei solchen Kooperationen kommt sehr viel Positives für den Naturschutz raus. Wir Förster sind zwingend auf das Fachwissen von Artenschutzexperten angewiesen, das wir dann in „Försterdeutsch" übersetzen und in unsere „Waldmanagement" einbauen können.

Ich biete aus diesem Grund auch immer wieder Excursionen und Fachvorträge zu unseren integrativen Naturschutzkonzepten an, oft in Kooperation mit NABU und BUND. Dort wird offen und kontrovers diskutiert, um unsere Naturschutz-Strategien kontinuierlich weiter zu entwickeln. Wir scheuen da auch keine Diskussion und korrigieren Fehlentwicklungen, wenn es notwendig ist.

Genau die Leute, die jetzt wieder diese „Hetze" lostreten (um bei Ihren treffenden Worten zu bleiben) nehmen diese Info- und Diskussionsangebote aber nicht wahr. Die entsprechenden Personen glänzen fast immer durch Abwesenheit. Dort könnte man ja einmal offen und fair über „Waldmanagement" und die notwendigen Kompromisse zwischen Nutzen und Schützen diskutieren.

Auch sind sie offensichtlich nicht einmal in der Lage oder Willens einfach zum Telefonhörer zu greifen und sich beim zuständigen Revierleiter einfach einmal über einen vermeintlichen Naturfrevel zu informieren.

Förster sind auch nur Menschen. Und wo Menschen agieren passieren Fehler. Diese Fehler soll und muss man ansprechen, um daraus für das nächste Mal zu lernen. Aber wo kein Fehler passiert ist, darf man auch keinen konstruieren.

Aber vielleicht will man dieses Gespräch auch gar nicht, vielleicht ist es ja einfacher immer wieder den Schmutzkübel auszuleeren.

Das Problem ist aber, dass diese Personengruppe mit ihren Diffamierungen und Skandalisierungen auf Bild-Zeitungsniveau unsere Kollegen demotiviert: „Der Naturschutz" hat dann mal wieder unsachlich Dreck ausgeschüttet. „Der Naturschutz" wird von den Kollegen zunehmend mit dieser Personengruppe gleichgesetzt.

„Der Naturschutz" wird dann wieder zunehmend zum Feind, von dem man sich distanziert, mit dem man nicht mehr kooperieren will.

Wenn wir aber den Waldnaturschutz weiterentwickeln wollen, dürfen wir uns nicht auseinander dividieren lassen und sollten versuchen die positive Zusammenarbeit zwischen Forstbetrieb und allen kooperationswilligen und kooperationsfähigen Naturschutzinteressierten fortzusetzen.

Gerade Ihr Engagement im Warndt ist das beste Beispiel dafür, wie Kooperation aussehen kann. Das Fachwissen, das bei Ihnen und Ihren Kollegen zum Thema Falter vorhanden ist, hat niemand von uns Förstern. Aber wir können versuchen es in unsere Bewirtschaftung zu integrieren.

Und aus dieser Kooperation erwächst dann positive Naturschutzarbeit.

Von daher ein Dankeschön an Sie für die Unterstützung und mein Appell, weiter zusammenzuarbeiten und den Diskussions- und Kooperationsunwilligen das Modell der Kooperation und der positiven Beispiele entgegenzustellen.

Vielleicht müssen wir auch in den Naturschutzverbänden viel stärker und häufiger die positiven Ergebnisse vorstellen, um die Gruppe der Kooperationsunwilligen zu isolieren.

Viele Grüße

    Roland Wirtz 

Besichtigung am 27.08.2017 und Bewertung

Ich hatte mir vorgenommen, den diskutierten "Waldfrevel" persönlich in Augenschein zu nehmen. Hierzu habe ich am 27. August - etwa zwei Monate nach Durchführung der Maßnahme einen Begang durchgeführt. Das was ich dort festgestellt habe, zwingt mich leider, eindeutig Stellung zu beziehen. Der erste Eindruck der von NABU Saarlouis/Dillingen geteilten Bilder hatte bereits den Eindruck vermittelt, dass die Vorwürfe unbegründet und auf naturschutzfachlich völlig falschen Vorstellungen beruhen. Während der Begehung konnte ich feststellen, dass hier nicht im Mindesten ein Fehlverhalten des SFL vorlag. Ich hätte gehofft, tatsächlich problematische Verstöße und Vorgehensweisen im Bezug auf den Naturschutz feststellen zu können, um einen konstruktiven Dialog zwischen den Beteiligten initiieren zu können. Allerdings komme ich hier zu einem eindeutigen und klaren Resultat. 

Die durchgeführten Maßnahmen dienen der Instandhaltung eines von Wanderern und Fahrradfahrern vielgenutzten Weges. Von einem Vorgehen, der die Formulierung "Der hemmungslose Eingriff in den Saarwellinger Forst ist praktizierter Waldfrevel" rechtfertig oder auch nur nachvollziehbar macht, ist keine Spur. Es handelt sich um ein Sandgebiet. Das bedeutet, dass ungeschotterte Wege ihren Zweck für die Waldwirtschaft und zur Nutzung für die Naherholung nicht erfüllen können. Also müssen solche Wege von Zeit zu Zeit instandgesetzt werden. Hierzu werden die Wege abgeschoben und planiert und am Rand Grabenstrukturen gezogen, damit bei starken Regenfällen die Wege nicht gleich wieder zerstört werden. Ein neu angelegter Weg hat zusammen mit den Randgräben leicht die Breite von 5 Metern. Das sieht im ersten Jahr ästhetisch nicht sehr schön aus, wird aber bereits im Folgejahr nicht mehr auffallen. 

Die Aussage "... führte man sie bedenkenlos im Juni 2017 durch und schlug die einen Hektar große Bresche mitten in der Brutzeit." verfälscht die tatsächliche Situation eklatant. Es wurde keine Bresche von einem Hektar gezogen, denn der Weg existierte schließlich bereits und musste erneuert werden. Eine Holzernte über den bestehenden Weg hätte eine einzige unpassierbare Matschspur statt eines Wanderweges zurückgelassen. Im Randbereich wurden tatsächlich einige Bäume gefällt - es sind dies sowohl schwache Stämme von Buche, Kirsche, Fichte, als auch eine Hand voll stärkere Stämme von Eiche, Fichte und Buche. Das wurde vermutlich aus einer Reihe von Gründen getan. Zum einen ist die Destabilisierung der Wurzelwerke im Randbereich und die Verkehrssicherung ein Grund. Zum Anderen erkennt der Fachmann hier die Anwendung einer Biodiversitätsstrategie zu der sich der Saarforst verpflichtet hat. Es geht hier um die Schaffung von Lichtwaldstandorten an sogenannten Sonderstandorten, die eh schon einem gewissen Störregime ausgesetzt sind. Hier handelt es sich um eben diesen Weg, Wegekreuze und Polterflächen zur Lagerung von Stammholz. Das mag dem Laien in einer naiven Betrachtung als Frevel erscheinen, ist aber in einem so kleinen Wald, der kein Urwald sein kann und in dem sonstige natürliche dynamische Prozesse fehlen, im Sinne der Biodiversität sinnvoll und zu begrüßen. 

​Bei meinem Begang konnte ich die Polterflächen begutachten - hier gelangt nun Licht auf den Boden, wo er noch nicht mit Adlerfarn vollständig bedeckt ist. Hier können sich nun wieder Waldameisen ansiedeln, die vor der Maßnahme hier keinen Lebensraum fanden. Hier wachsen nun auch sonnenexponiert Veilchen - Wirtspflanzen einer ganzen Reihe von Waldschmetterlingen, die genau auf diese angewiesen sind. Blindschleiche und Waldeidechse finden neue Lebensräume, denn auch sie können im dichten Dunkel eines geschlossenen Kronendachs nicht überleben. Die Liste könne man recht lang fortführen. Es sei an dieser Stelle auf die zahlreichen Publikationen verwiesen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Natürliche dynamische Prozesse sind Stürme, das Wirken großer Pflanzenfresser, (Lawinen), Schädlingskalamitäten oder ähnliches, die durch das Wirken des Menschen gedämpft werden und in den kleinen Wirtschaftswäldern zu selten sind, als dass ein wirklich naturnaher Naturwald entstehen könnte, der allen Lebensgemeinschaften des Waldes ein Zuhause bietet. Die sogenannte Lichtwaldbiozönose ist nicht rein zufällig eine der gefährdetsten Lebensgemeinschaften! Insofern sind Maßnahmen an solchen Sonderstandorten nicht nur als Wald- und Forstwirtschaftsmaßnahme notwendig, sondern erfüllen auch eine wichtige Aufgabe zur Erhaltung einer gesunden Biodiversität. 

"Man verteilte nämlich die Massen des Wegeausbaus rigoros über den gewachsenen Waldboden. Ameisen, Käfer, Blindschleichen, Eidechsen kurz gesagt, alles was den Waldboden besiedelt, wurde unter einer dicken Erdschicht abgetötet." 

nach Ulrich Leyhe
Die Aufgabe der Naturschutzverbände ist unter Anderem das Einsetzen für den Natuschutz einschließlich Bildung und Forschung. Der Bericht des NABU Saarlouis/Dillingen macht hier leider nur Stimmung ohne Berücksichtigung des Forschungsstandes und naturschutzfachlicher Erfordernisse. Die untersuchten Wegstrecken boten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor der Maßnahme keiner Waldameise einen Lebensraum - dazu war es zu dunkel, denn sie benötigen Licht und Wärme für ihren Bau. Für Eidechsen gilt das Gleiche. Blindschleichen werden ebenfalls erst munter, wenn sie sich vorher irgendwo aufwärmen durften. Naturschutzfachlich ist es sicher weniger gewagt, zu behaupten, dass es an den besprochenen Stellen vorher keine Ameisen, Blindschleichen und Waldameisen gab, als dass die hier aufgestellte Behauptung einen Wahrheitsgehalt hätte. Die Massen des Wegeausbaus wurden im übrigen nicht großflächig verteilt - bitte schaut euch die Bilder in der Fotogalerie an. 

Zweck des Naturschutzbund Deutschland e.V. sind die Förderung des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Tierschutzes unter besonderer Berücksichtigung der freilebenden Vogelwelt und das Eintreten für die Belange des Umweltschutzes einschließlich der Bildungs- und Forschungsarbeit in den genannten Bereichen. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V. betreibt seine Aufgaben auf wissenschaftlicher Grundlage.

nach NABU-Bundessatzung § 1

Bei der Begehung begegnete ich einer Reihe von Wanderern und Radfahrern. Den Radfahrern hat der neue, nun geschotterte, Weg offenkundig gefallen. Hier kann man geteilter Ansicht sein, aber so sieht es die Aufgabe des SFL eben vor. Nutznießer der Maßnahme sind Wanderer und Radfahrer nicht zu letzt - dabei darf man nicht vergessen, dass ohne die Forstwirtschaft gemäß heutiger Zieldefinitionen überhaupt keine Wege durch den Wald führen würden. Jeder, der schon mal versucht hat, einen Waldweg über Jahre selbst freizuhalten, wird verstehen, wovon ich rede.

Im Randbereich und auf den Poltern entdeckte ich bereits jetzt viele Veilchen als Primärvegetation. An vielen Stellen wurde der Biodiversitätskiller Adlerfarn in einem schmalen Streifen zurückgedrängt, ebenso hat es einen Bestand des großen Bärenklaus getroffen. Kritisiert wird auch der Zeitpunkt, an dem die Maßnahme durchgeführt wurde. Es verbietet sich natürlich, Wege zu sanieren, während der Boden sehr feucht ist und keinesfalls sollte das außerhalb der Vegetationsperiode erfolgen - das geht zwar während trockener Perioden, trifft aber dann mit Sicherheit die meisten Lebewesen, die dort leben. Denn diese sind dann immobil. Während die Schmetterlinge fliegen und die Waldeidechsen jagen, werden sie - sofern sie überhaupt dort vorkamen - auch flüchten können. Daher ist es gute Praxis, Wege während des warmen und trockenen Sommers zu sanieren. 

Zusammenfassend finde ich es schade, dass im Namen eines der renommiertesten Naturschutzverbände solch unreflektierten Beiträge in die Öffentlichkeit getragen werden. Ich erwarte mir vielmehr, dass die Öffentlichkeit mehr aufgeklärt und informiert wird, als - wie hier geschehen - falsch verstandene, naive Naturschutzvorstellungen zu befeuern und eine Diskussion von fast unsäglichem Niveau auf Facebook zu erzeugen. Inzwischen sind wohl einige Kommentare gelöscht worden - einen davon hatte ich selbst an Facebook gemeldet. Zudem finde ich es sehr schade, dass die Biozönose der Lichtwaldarten inzwischen nicht nur Opfer der Tatenlosigkeit wird, sondern bereits aktiv - mangels Sachkenntnis - bekämpft wird. Ich hoffe hier auf mehr Aufklärung und Information und weniger Polarisation à la Trump. Jetzt bin ich mit meinem emotionalen Statement aber auch zu einem Ende gelangt. Man sehe mir die Emotionalität bei dem Thema nach und sollte sich jemand durch meine Ausführungen verletzt fühlen, so bin ich gerne bereit, die entsprechenden Stellen zu ändern und den Dialog zu suchen. 

Stellungnahme von Ulrich Leyhe

Lieber Ronny, 

schön, dass Du Dir allerdings erst nach unserem langen Telefongespräch die Zeit genommen hast, Dich mal mit der Sache "Saarwellingen" näher zu beschäftigen. Wir vertreten hier in der Tat konträre Positionen, über die man sich sicherlich austauschen kann. Wenn man allerdings wie ich pro Jahr ein dutzend Anrufe verärgerter Bürger in Empfang nehmen muss, die wohl am SFL vorbei gehen, insbesondere aus der Region Rehlingen – Siersburg und die sich über die Methoden des Saarforstes bei mir ausschütten, da sich sonst kein Ansprechpartner finden lässt, schwindet mit der Zeit Verständnis und Kooperationswille sich mit einem am Gewinn orientierten Wirtschaftsbetrieb über Natur- und Artenschutz zu unterhalten. Sicherlich schafft nicht nur der Braunkohletagebau wie auch der SFL in einigen Jahrzehnten hervorragende Sekundärstandorte für seltene Pionierarten. Ich möchte hier auch nur am Rande an die unsägliche Waldrodung und Bodenzerstörung im Interesse der Windkraftindustrie erinnern, die zahlreiche Forstleute auch aus unserer Region an den Rand der Verzweiflung treibt, die aber die grundsätzliche Einstellung des SFL zum Schutzgut Wald offenbart. Förster, die sich allerdings allesamt nicht öffentlich äußern können bzw. dürfen. Diese Stimmen vertritt in unserer Region der NABU Saarlouis/Dillingen. Alles vor dem Hintergrund, die Natur hilft sich irgendwann von alleine zu sehen, es kommt nur auf die Jahrzehnte etc. an, die man ihr dafür Zeit lässt, ist natürlich ein passendes Argument. Aber die menschliche Lebenszeit ist endlich und jeder sieht nur eine Momentaufnahme in der Natur. Viele Mitmenschen sehen aber sehr wohl die Zerstörung vor ihrer Haustür und bei ihren Spaziergängen und das vor allem mitten im Juni in der von uns kritisierten Vegetationszeit, die sich auch nicht schön reden lässt. Ich könnte Dir jetzt ein abendfüllendes Programm über die Auswüchse der Forstwirtschaft nicht nur im Saarland präsentieren und habe zur Kenntnis genommen, dass Du Dich hier offensichtlich als Sprachrohr des SFL betätigst. Es steht Dir frei an unserer Darstellung Kritik zu üben, ich darf Dich aber auch darüber in Kenntnis setzen, dass sich der hiesige NABU diese Kritik auch nicht aus den Fingern gesogen hat, sondern das sie uns von ausgebildeten und erfahrenen Wald- und Forstexperten aber auch von betroffenen Anwohnern zugetragen wurde. Wir können nicht überall sein, und wir stehen da auch nicht allein auf weiter Flur. Deinen Zeilen sind allerdings derart häufig Feststellungen und Bemerkungen zu entnehmen, die ein schlechtes Gewissen signalisieren und somit mit unserer Kritik deckungsgleich sind und sie bestätigen, sodass ich ich im Resümee festhalten darf, dass Du in weiten Teilen auch unsere Ansichten vertrittst. Der NABU verdient mit Holz kein Geld, er erntet nicht den Wald. Ich schließe mich da gerne den Worten von Herrn Wirtz an, der da in einem Teilsatz schreibt " Vielleicht müssen wir auch in den Naturschutzverbänden viel stärker und häufiger die positiven Ergebnisse vorstellen". Man ist geneigt zu antworten, wenn es sie denn gibt, aber hier wird auch ein vom SFL erkanntes Defizit an Bevölkerungsinformation deutlich, dass sich aber mit noch so viel Erklärungen nicht aus der Welt schaffen lässt, denn der Wald muss eben Geld verdienen und irgendwann danach kommt auch mal die Natur. Und über das Thema "Brennholzkultur" haben wir auch noch nicht gesprochen. Wir haben in der Tat keinen Natur – sondern einen Wirtschaftswald und der Bedarf nach Holz vor allem in Asien wächst mit der Bevölkerungszunahme rasant. Wie alt darf bei uns in der Zukunft ein Baum noch werden Ronny ? Diesem Missverhältnis mit verstärktem Holzeinschlag nicht nur in Rumänien sondern auch in Deutschland zu begegnen, kann nicht unser aller Ziel sein und kann von keinem Naturschutzverband ernsthaft begrüßt werden. 

Halt Dich munter

Gruß

Ulrich Leyhe 

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