Das Schmetterlingsjahr 2012 ist nun zu Ende. Die letzten Letztbeobachtungen sind durch und rückblickend kann man sicher sagen, dass es kein gute Jahr für unsere Tagschmetterlinge war. Die allermeisten Arten hatten einen starken Bestandseinbruch zu ertragen und nur einige Arten konnten ihre auf gleichem Niveau des Vorjahres halten oder sind gar in höherer Zahl geflogen. Das Braunauge (Lasiommata maera) hat in den vergangenen paar Jahren im Warndt kontinuierlich wieder mehr Fuß fassen können und auch dieses Jahr schaffte es das Braunauge, weitere Flächen zu besiedeln. Zwar flog es auch nicht in sehr großer Zahl, doch ist sehr auffällig, dass inzwischen viele Gärten als Lebensraum gerne angenommen werden und neuerdings - noch auffälliger - auch die Wälder im Warndt zu seinem Lebensraum zählen.
Das Braunauge gilt als Verschiedenbiotopbewohner. "Trockene Hänge mit frei liegenden Felsen, Natursteinmauern, Geröllhalden, Weinbergsgebiete bzw. Schneisen im Hang- und Schluchtwald, feuchte Waldsäume montan geprägter Gebiete. In Nordostdeutschland in Kiefernwäldern. Felsen an vegetationsfreien Stellen und Sitzwarten, von denen aus die Männchen ihr Revier verteidigen." [Settele/Feldmann/Reinhardt, Die Tagfalter Deutschlands].
Das Eiablagehabitat dagegen is enger definiert. Es handelt sich soweit bekannt fast ausschließlich um Gräser, die in einigermaßen regengeschützter Lager an der Basis von Felsen, Mauern oder überhängenden Böschungen wachsen. Diese Strukturen finden wir natürlich auch in unseren Gärten und nach den starken Windwürfen der letzten Jahre sind im Warndtwald ebensolche Strukturen in großer Menge entstanden.
Während das Braunauge an der Mosel in den letzten Jahren nicht mehr beobachtet wurde, ist die Population im Saarland recht stabil. Es handelt sich dabei um die f. adrasta, welche in Frankreich weit verbreitet ist und auch in Rheinland Pfalz die vorherrschende Form zu sein scheint. "Lasiommata maera bewohnt in der Pfalz nach dem aktuellen Stand der Beobachtungen praktisch nur noch steinige und felsige Lebensraumtypen." [Tom Schulte, Oliver Eller, Manfred Niehuis, Erwin Rennwald (Hrsg.); Die Tagfalter der Pfalz, Band 2]. Solcherlei trifft für das Saarland und den Warndt im Besonderen eben genau nicht zu und man muss sich die Frage stellen: Warum? Dass Windwurfflächen - sollten sie überhaupt hier eine Rolle spielen - hier der entscheidende Faktor sind, kann man sicher verwerfen, denn diese sind nicht auf den Warndt oder das Saarland beschränkt gewesen. Sollte sich die Art teils nach Südwesten zurückgezogen haben und sich nun erneut in Ausbreitung befinden? Warum hat gerade das Braunauge in diesem schlechten Jahr die Populationen im Warndt so deutlich ausgebaut, während andere Arten so deutliche Einbußen erlitten? Hier kann viel spekuliert werden.
In meinem Garten hält sich nun schon seit vielen Jahren eine Kleinstpopulation von nur wenigen Individuen. Reproduktion und Eiablage finden aber genau dort im Garten, an der Schwimmbadmauer, am Rand des Gartenhäuschens und am Schuppen statt. Ähnlich sieht es auf den Nachbargrundstücken aus und es gibt dadurch natürlich entsprechenden Austausch in der Metapopulation. Weiter wurden immer einige wenige Individuen entlang der Bahntrasse beobachtet, die an einigen Stellen mit offenem Sandsteinfels noch passable Eiablagehabitate bietet. Ganz anders als bei Lasiommata maera sah die Bestandsentwicklung 2012 bei Pararge aegeria, dem Waldbrettspiel im Warndt aus. Das Waldbrettspiel war nur in äußerst geringer Individuendichte im Vergleich zu den Vorjahren zu beobachten; der Bestand hat sich erst ab der dritten Generation wieder annähern normalisiert. Haben sich also die speziellen klimatischen Einflüsse 2012 positiv auf die Bestandsentwicklung des Braunauges ausgewirkt oder war es eher so, dass andere positive Einflüsse durch die schlechten klimatischen Bedingungen nur teilweise "kompensiert" wurden? Wieder Spekulation. Dass sich das Braunauge aber auf den Windwurfflächen im Warndt dieses Jahr sehr wohl gefühlt hat, kann nicht bestritten werden, denn beinahe auf jeder nur halbwegs freigestellten Fläche im Warndtwald konnten einzelne Exemplare beobachtet werden. Das Braunauge war 2012 im Warndt und an vielen anderen Stellen im Saarland omnipräsent!
Ich habe den Eindruck, dass durch Einflüsse, die ich als Nicht-Botaniker nicht erklären kann, die Vegetation seit 2010 im Warndtwald sich verändert. Besonders fällt mir auf, dass scheinbar der Bestand an Adlerfarn an vielen Stellen zugunsten grasiger Flächen abnimmt! Das könnte vielleicht mit dem trockenen Frühjahr 2011 zusammenhängen, mit der rezent stattgefundenen Kalkung oder Veränderungen, die sich meiner Beobachtung entziehen. Der höhere Grasanteil und die potentiell höhere Dichte geeigneter Eiablagestellen, sollte dem Braunauge jedenfalls zugute kommen. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, in denen das Braunauge im Warndt wesentlich seltener und der Mauerfuchs (Lasiommata megera) die deutlich häufigere Art war. Leider fehlen mir aus dieser Zeit (v.a. 80er Jahre) noch sichere vergleichbare Daten und der Einfluss der Vegetation oder anderer Windwurfereignisse (Vivian, Wiebke!) auf die Bestände des Braunauges im Warndt kann von mir nicht mehr nachvollzogen werden. Sicher würde eine Untersuchung der Larvalökologie von Lasiommata maera im Warndt noch interessante Erkenntnisse liefern, inwiefern Windwurfflächen zu den präfferierten Lebensräumen gehören. Das nehme ich mir für das nächste Jahr vor!