Vor vier Jahren hatte ich eine Fläche in meinem Garten neu eingesäht. Schon im ersten Jahr danach entstand ein dominanter Bestand des Wundklees, Anthyllis vulneraria. Noch erstaunlicher war, dass sich ein Nahrungs- und Habitatspezialist - der Zwergbläuling (Cupido minimus) sofort dort einfand, obwohl die nächsten Vorkommen der Art doch etwa 2km Luftlinie entfernt im Kalk liegen. Schon im ersten Jahr konnte ich Reproduktionsnachweise der kleinen aber schönen Art im Garten erbringen.
Inzwischen hält sich die Art seit 3 Jahren in meinem Garten und auch in diesem Jahr (2016) finde ich neben Faltern auch Eier und Eihüllen. Einzelne Tiere finde ich sehr konstant immer wieder an den gleichen Stellen im Garten an Wundklee-Patches, die auf dem Kalkschuttbeet und am Wegesrand stehen. Die Wundkleebestände verteilen sich inzwischen auf eine recht große Fläche, sind aber längst nicht mehr so dominant wie im ersten Jahr. Da es ständig neue Störstellen gibt, sind auch die Bestände des Wundklees stabil. Der Zwergbläuling gehört damit zu jenen Arten, die in meinem Garten eine kleine aber bodenständige Population bilden. Es ist ein schönes Beispiel, dass wir keine großen Flächen im Garten brauchen, um einzelnen Lebensraumspezialisten einen Lebensraum und einen Trittstein zu weiter entfernten Lebensräumen zu bieten. Unsere Gärten spielen eine außerordentlich wichtige Rolle bei der Vernetzung der Lebensräume und wider den Ökosystemzerfall!
Ich finde, dass ein jeder, der ein paar Quadratmeter Garten sein Egentum nennt, auch die Pflicht hat, mehr daraus zu machen, als ein Katzenklo oder einen tristen 3-Arten-Garten mit viel Friedhofsgrün.
Der Zwergbläuling - obschon so klein - legt gerne auch größere Strecken zurück, um neue Lebensräume zu erschließen, weil er seiner Nahrungspflanze folgen muss, welche als Rohbodenbefestiger und Pionierart gilt. Aber größere Strecken ohne geeignete Lebensräume auf seinem Weg kann er natürlich nicht überwinden. In unserer von der Landwirtschaft leergeräumten Landschaft hat er kaum eine Chance und wird daher zu Recht in den Roten Listen meist mit dem Status V (Vorwarnstufe) geführt; in Rheinland-Pfalz hat sie bereits im Status 2 (stark gefährdet).
Vermutlich gerade wegen der geringen Größe benötigt der Zwergbläuling keine großen Flächen, um sich fortzupflanzen, da schon wenige Patches von Wundklee eine Vielzahl von Raupen ernähren können. Ich achte bei der Pflege meiner Wildwiesen immer darauf, dass frische Störstellen entstehen, auf denen nicht nur Wundklee, sondern eine ganze Reihe weiterer konkurrenzschwacher Pflanzen gedeihen können. Es ist für mich überaus befriedigend zu sehen, dass es mir scheinbar gelungen ist, für eine Art einen Lebensraum geschaffen zu haben. Dabei ist es mir völlig wurscht, was meine Nachbarn davon halten, wie es in meinem Garten aussieht. Schön wäre es aber, wenn es mehr Menschen interessieren würde und sie lernen, zu verstehen, weshalb es so wichtig ist, dass wir etwas aus unseren Gärten machen und die Biodiversität fördern.
Besonders gefreut hat es mich auch, dass der Wegerich-Scheckenfalter immer mal wieder einen Stop in meinem Garten einlegt und ich hoffe, dass er auch dieses Jahr wieder ein paar Eier legen wird. Am Zaun zum Nachbarn drehen die guten Arten in meinem Garten meist ab und fliegen wieder zurück - so kann ich einzelne Exemplare über Tage und Wochen im Garten beobachten. Ich wünschte, sie würden nicht umdrehen und sich dort genau so wohl fühlen wie bei mir!